Mit der zunehmenden Gleichstellung der Juden im 19. Jahrhundert wuchs auch die jüdische Gemeinde in Hemsbach.
Als Versammlungsort für den Gottesdienst waren die bisher genutzten Privaträume schon bald nicht mehr ausreichend und der Bau eines eigenen Gotteshauses wurde dringend notwendig. Mit eigenen Mitteln und durch die finanzielle Unterstützung von Carl Mayer von Rothschild konnte zu Beginn der 1840-er Jahre der Bau einer eigenen Synagoge in Auftrag gegeben werden. Der Bau wurde 1847/48 durch den Weinheimer Architekten Fuchs in dem damals für christliche sakrale Gebäude bevorzugten Rundbogenstil errichtet. Der Gebetsraum im östlichen Teil des Gebäudes ist durch 2 Säulenreihen dreischiffig gestaltet. Die Rundbogenfenster reichen bis ins obere Stockwerk, in dem sich die an drei Seiten umlaufende Frauenempore befindet. Im westlichen Teil des Gebäudes sind das Schulzimmer und eine Lehrerwohnung untergebracht. Das Portal zwischen beiden Gebäudeteilen wird von Halbsäulen flankiert. Die darüber angebrachte schwarze Steintafel trägt den eingemeißelten Segenspruch: „Jegliches Gebet, jegliches Flehen, das irgend ein Mensch vorbringt von deinem ganzen Volk Israel, wenn er inne wird, jeder Plage seines Herzens, und er breitet seine Hände aus zu diesem Hause: so höre du im Himmel, der Stätte deines Sitzes, und vergib und gewähre“ (1. Könige 8, 38ff).
Die ursprüngliche Innenausstattung ist weitgehend unbekannt, da sie in der Pogromnacht am 9./10. November 1938 vollständig zerstört wurde. Der Erhalt des Gebäudes ist dem Umstand zu verdanken, dass es inmitten von Häusern und Scheunen im alten Ortskern Hemsbachs gelegen ist und die Anwohner das Anzünden oder Sprengen aus Angst um ihre eigenen Anwesen verhinderten. Trotz der Zerstörungen wurde eine von Moritz Oppenheimer der Gemeinde gestiftete Torarolle gerettet. Diese wurde ihm später nach Toms River, New-Jersey (USA) nachgeschickt und diente in der dortigen Synagoge noch einige Jahre für die Lesung.
Am 22.Oktober 1940 wurden zusammen mit den anderen badischen Juden die letzten hier noch lebenden 19 jüdischen Einwohner nach Gurs in Südfrankreich deportiert, wo viele von ihnen an Hunger und Entkräftung starben. Die dieses Lager Überlebenden wurden 1942 nach Osten verfrachtet und in den Vernichtungslagern in Polen ermordet.
Im Jahr 1942 wurde die Synagoge von Privatleuten übernommen und zur Matratzenfabrikation genutzt. Später diente sie nach Einziehen einer Zwischendecke als Unterkunft für Gastarbeiter und ihre Familien.
Mit Hilfe von Zuschüssen des Landes Baden-Württemberg fand 1984 bis 1987 eine umfassende Wiederherstellung des Originalzustandes statt, nachdem durch private Initiativen beide Gebäude leergeräumt worden waren. Im ehemaligen Badhaus, der Mikwe, befinden sich die Gedenktafeln für die Ermordeten und Erinnerungen an die ehemalige jüdische Gemeinde in Hemsbach.
Eigentümer ist die Stadt Hemsbach, die die ehemalige Synagoge für kulturelle Veranstaltungen bereit hält, wobei der ursprüngliche sakrale Geist des Hauses Berücksichtigung finden soll. Zu den Nutzern gehört auch der „Förderverein Ehemalige Synagoge in Hemsbach e.V.“, der durch seine Veranstaltungen den Zugang zur jüdischen Kultur und Geschichte sowie ihrer Tradition und Bibelauslegung möglich machen, die Geschichte der Hemsbacher Juden in Erinnerung halten, zu vergangenen und aktuellen Problemen der deutsch-jüdischen Beziehungen Stellung nehmen und sich um Verständigung und Toleranz bemühen möchte.
Literatur
- Die Hemsbacher Synagoge. Soderdruck aus dem Hemsbacher Stadtanzeiger, Heimatbeilage „Die Dorfheimat“ Hrsg. Edwin H. Höhn, Hemsbach 1988
- J.F.Kastner Hemsbach an der Bergstraße im Wandel der Zeit Beltz Verlag, Hemsbach 1980
Bilder
Nachfolgend einige Fotos der restaurierten ehemaligen Synagoge, die das heutige Aussehen dokumentieren: